Kurzgeschichten von Elisabeth Bowen im Theater an der Rott
(red) In dieser Spielzeit des Theaters an der Rott steht das Sonderformat der Lesereihe zur besten Sendezeit unter dem Motto „Prime Time: Shorts!“ ganz im Zeichen der Short Story und widmet sich Autoren, die mit ihren Kurzgeschichten beispielhaft und herausragend Literaturgeschichte gemacht haben. Die Schriftstellerin Elizabeth Bowen (1899 – 1973) entstammte der anglo-irischen Gentry. Das Stück wird erstmals am Mittwoch, 20. November um 20.15 Uhr aufgeführt.

In feudalen Verhältnissen auf dem Landgut ihrer Familie in Irland aufgewachsen, begann sie noch als Jugendliche kurz nach dem Ersten Weltkrieg ihre ersten Kurzgeschichten zu verfassen. Mit ironischem Spott begegnet sie darin dem Bürgertum der „Upper“ und „Middle Classes“, das noch gar nicht bemerkt hat, dass eine neue Zeit angebrochen ist, in der sich sein schleichender Abstieg ankündigt. Theatralische Konversation und private Arrangements tragen zur Verdrängung des Epochenbruchs bei – eine Technik, die Bowen in ihren ersten großen Romanen, die im Verlauf der 1920er und 30er Jahre entstehen, perfektioniert.
Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs nimmt Bowens Werk unter dem unmittelbaren Eindruck der Bombenangriffe auf London, die sie hautnah miterlebt, eine neue Wendung. Nicht nur fängt sie die beklemmende Atmosphäre des ständig bedrohten Lebens mit dem „Blitz“ meisterlich ein, auch fügt sie ihren Geschichten ein neues prägendes Element hinzu: das Spiel mit dem Übernatürlichen und Paranormalen wird charakteristisch für Bowens Erzählkunst. Die vierte Dimension wird transparent und die Geister der Vergangenheit materialisieren sich im Leben ihrer Protagonistinnen. Oder sind sie nur Projektionen der von Krieg und privaten Krisen traumatisierten Seelen?
Ein kleiner Schritt rückwärts in eine 1938 entstandene Anbahnung einer ungewöhnlichen Liebesgeschichte vermittelt schließlich eine Ahnung, in welche Richtung sich Elizabeth Bowens fabelhafte Figurenzeichnung ohne die Kriegserfahrung auch hätte fortentwickeln können – zu einer heiteren und wissenden Melancholie, die die Menschen ernst nimmt, ihnen nichts schenkt und sie gleichwohl mit distanzierter Sympathie sicher durch eine Welt geleitet, die für sie immer ein paar Nummern zu groß bleiben wird.
Mit: Kay Philipp Baronowsky und Julia Ribbeck. Die Karten gibt es für 15 Euro unter: info@theater-an-der-rott.de oder 08721/126898-0